Jesu Geburt
Kommentar zum Artikel Es begab sich
aber zu der Zeit, Engelchens Weihnachtsmarkt
(www.engelchen.de).
Im obengenannten Artikel wird dargestellt, dass sich das
Geburtsdatum Jesu nicht aus den Evangelien Matthäus und Lukas
herleiten lässt. Der 25. Dezember, an dem man ursprünglich
Wintersonnenwende feierte, wurde von der Kirche als
Festtag der Geburt Jesu (willkürlich) festgelegt. Mit an
Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wurde Jesus Christus
nicht am 25.12.01 geboren.
Der Artikel ist gut recherchiert und die historischen Fakten
nach dem derzeitigen Stand der Wissenschaft sind angenehm lesbar
wiedergegeben. Allerdings enthalten Einleitung und Schluss der
Darstellung zwei in gefährlicher Weise simplifizierende
Aussagen, mit denen ich mich im Folgenden kritisch
auseinandersetzen will.
Wie vertrauenswürdig sind die biblischen Bücher?
In der Einleitung des "Engelchen"-Artikels findet sich folgender
Absatz:
Alle Evangelien sind Glaubensbekenntnisse, die zwischen 70 (Markus)
bis 100 nach Christus (Johannes) geschrieben wurden und Einflüssen der
Epoche und des Alten Testaments unterlagen. Wissenschaftler forschen
nach inhaltlichen Zusammenhängen; sie sind sich einig, die Texte
können nicht wörtlich genommen werden.
Dazu möchte ich folgendes anmerken:
- Die Wissenschaftler sind sich keineswegs einig, in welchem
Maße biblische Texte wörtlich zu nehmen sind! Die Interpretation
der biblischen Aussagen ist eine schwierige Disziplin, genannt
Hermeneutik.
- Die Bibel wurde von Menschen geschrieben und enthält
deshalb erwartungsgemäß Ungenauigkeiten, historische und
logische Fehler. Wie der "Engelchen"-Artikel ausführt,
enthält besonders die Weihnachtsgeschichte des Lukas einige
dicke Schnitzer in bezug auf historische Fakten. Lukas, wenn
es denn der in der Apostelgeschichte genannte Arzt war, war
weder Jünger Jesu noch Jude, geschweige denn Historiker. Möge
man es ihm nachsehen.
- Obwohl die Bibel demnach 100% "Menschenwort" ist, ist sie
dennoch 100% "Gottes Wort" (so wie Jesus Christus 100% "Menschensohn"
und 100% "Gottes Sohn" ist). Die Bibel ist göttliche
Wahrheit, sie enthält die Antworten auf die wesentlichen
Fragen des Menschen:
-
Woher komme ich? (A: von Gott geschaffen)
-
Was ist meine derzeitige Situation? (A: gefallen, von Gott
getrennt, auf Rettung angewiesen)
-
Wohin gehe ich? (A: in den ewigen Tod oder in das ewige Leben)
Das zentrale Thema der Bibel ist die Heilsgeschichte:
Wie kann der Mensch gerettet werden?
-
Auch wenn sich die Evangelien z.T. widersprechen, sind sie
sich doch in den wesentlichen Punkten einig: Z.B. in dem
Bericht von Jesu Kreuzigung und Auferstehung. Die
Historizität dieser Ereignisse ist hinreichend belegt
(vgl. das Buch "Die Tatsache der Auferstehung" von Josh
McDowell, Verlag clv).
-
Die Evangelien verstehen sich als Berichte, wenn sie
auch nicht fehlerlos und ganz frei von Interpretation sind.
Die Wunderberichte sind als solche zu verstehen und nicht nur
als Fabeln mit irgendeiner versteckten Botschaft. Viele der
Wunder Jesu sind übrigens nicht einzigartig: Schon zu Zeiten
des Alten Testaments wurden Tote auferweckt und Nahrung
vermehrt (siehe 2. Buch der Könige, Kapitel 4). Durch die
Kirchengeschichte hindurch und bis zum heutigen Tag geschehen
immer wieder ähnliche Wunder. (Im 20. Jh. z.B. durch den
Briten Smith Wigglesworth.) Es fällt also nicht schwer, diese
Berichte zu glauben. Die Aussagen der Evangelien sind somit
nicht als "unhistorisch" vom Tisch zu fegen.
Ist es egal, was man glaubt?
Im Fazit des "Engelchen"-Artikels findet sich folgende Meinung:
Hindus, Islamer, Juden, Buddhisten, Christen - nicht wichtig ist es,
wer an was glaubt. Keiner glaubt richtig und keiner glaubt falsch.
Diese Aussage ist extrem pauschalisierend. Dem Autor scheint
nicht bekannt zu sein, dass es erhebliche Unterschiede zwischen
den Weltreligionen gibt. Jede Religion, wenn ernstgenommen, ist
mit den anderen unvereinbar.
Ein Hinduist würde obigen Satz wohl unterschreiben. Der
Hinduismus ist so tolerant, dass sogar Jesus einer seiner Götter
sein kann. Allerdings nicht als der Jesus, der gesagt hat: "Ich bin
der Weg, die Wahrheit und das Leben. Ohne mich kann niemand zum
Vater kommen." (Der real existierende Hinduismus ist leider
nicht ganz so tolerant, vgl. die gewaltsamen Übergriffe auf christliche
Missionare und islamische Moscheen in den letzten Jahren.)
Ich würde obigen Satz unterschreiben, wenn folgendes wahr wäre:
-
Es gibt keinen Gott oder Gott hat sich nicht offenbart. Dann
wäre es egal was man glaubt, Hauptsache, es spornt zu
verantwortlichem und ethischem Handeln an.
-
Jesus Christus ist nicht Gottes Sohn. Wenn Jesus nicht Gottes
Sohn ist, dann war er entweder ein größenwahnsinniger
Hochstapler, ein armer Irrer oder vom Teufel besessen. Für
"armer Irrer" waren seine Taten zu beeindruckend und seine
Worte zu treffend, deshalb sagte ihm die damalige religiöse
Obrigkeit nach, er wäre vom Teufel besessen, und liess ihn als
Hochstapler hinrichten. Aber er ist auferstanden...
-
Jesus Christus ist nicht auferstanden. Wenn Christus nicht
von den Toten auferweckt wurde, ist der christliche Glaube
nichts als eine Illusion ... und die Christen sind die
bedauernswertesten unter allen Menschen. Tatsächlich aber
ist Christus von den Toten auferstanden! (nach Paulus,
1. Brief an die Gemeinde in Korinth, ca. 50 n.Chr.).
Wenn Jesus Christus nicht auferstanden ist, kann der
Christliche Glaube nicht für sich beanspruchen, "der einzige
Weg" zu sein. Wenn Jesus aber auferstanden ist, so ist er
Gottes Sohn und ihm muss Priorität vor allen anderen
Religionen gegeben werden. Dass Jesus Christus auferstand,
ist in den Evangelien und in der restlichen
neutestamentlichen Literatur deutlich belegt. Dass wiederum diese
Zeugnisse glaubhaft sind, darauf deutet die Explosion der
christlichen Gemeinde kurz nach Jesu Tod hin; zu einer Zeit,
in der man einfach den Leichnam Jesu vorweisen
und dem ganzen Spuk im Nu ein Ende machen hätte können.
Wie wichtig ist Weihnachtsgeschichte für das Christentum?
Von den vier Evangelien berichten nur Matthäus und Lukas über Jesu
Geburt, jedoch alle Evangelien berichten über das Wirken, den Tod
und die Auferstehung Jesu als erwachsenen Mannes. Von daher
ist die Weihnachtsgeschichte historisch nicht so
gesichert. Hinzukommt, dass zwischen Jesu Geburt und Abfassung der
beiden relevanten Evangelien mindestens 60 Jahre lagen, weshalb
harte Fakten wohl schwer zu bekommen waren. (Jedoch wurde
wahrscheinlich schon ca. 20 Jahre nach Jesu Tod das
Markus-Evangelium geschrieben.)
Einige Geschichten des Weihnachtsgeschehen muten etwas legendär
an, z.B. die der drei Weisen bei Matthäus; bei Lukas, die Geburt
des Johannes, die Geschichte von den Engeln
und den Hirten, die von Hanna und Simeon oder die vom
zwölfjährigen Jesus im Tempel. Zumindest sind diese Geschichten
bei Lukas nicht nüchtern und im Berichtsstil gehalten (wie das
restliche Evangelium), sondern erzählerisch
aufbereitet und mit Liedern und Gebeten durchsetzt. Anzumerken
ist, dass es einige Legenden über das Kind Jesus gibt, die nicht
Eingang in die Bibel, jedoch z.B. in den Koran gefunden haben.
Was an den Weihnachtsgeschichten nun historische Wahrheit, was
Fiktion ist, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. Einig sind
sich Matthäus und Lukas unter anderem in den folgenden Punkten.
Diese bilden meiner Meinung nach den harten Kern des
Weihnachtsgeschehens und sind für den christlichen Glauben
relevant.
- Eine Jungfrau (!) mit Namen Maria wird schwanger.
- Maria ist mit dem Juden Josef, einem Sohn Davids,
verlobt.
- Maria bekommt einen Sohn und nennt ihn Jesus.
- Jesus wird in Bethlehem geboren.
Damit ist Jesus der Sohn Gottes und juristisch, als "Stiefsohn",
von Josef, ein Jude und ein Nachkomme Davids. Alle oben genannten
Punkte sind die Erfüllung alttestamentlicher Verheissungen. Dies
wird im Matthäus-Bericht selbst festgestellt.
Damit bestätigen die Umstände von Jesu Geburt, dass Jesus der im
Alten Testament verheissene Retter ist. Diese Kernaussage des
Christentums wird also von der Weihnachtsgeschichte gestärkt.
Schlusswort
Dem Schlusswort des "Engelchen"-Artikels möchte ich mich
anschliessen:
Der Schutz jeglichen Lebens, der Respekt vor dem Glauben
und der Mentalität aller Menschen, sind die richtigen
Geschenke für das Kind in der Krippe.
Andreas Abel
Last modified: Wed Dec 5 01:09:45 CET 2001